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Anna Haller

Anna Haller wurde am 23. April 1872 in Rupperswil (Kanton Aargau) geboren. Sie starb am 31. Januar 1924 in St. Moritz. Sie war als Kunsthandwerkerin und Künstlerin tätig. Als Künstlerin wurde sie vor allem bekannt durch ihre Blumenbilder, die teilweise als Ansichtskarten veröffentlicht wurden. Von 1883 bis 1916 lebte und arbeitete sie in Biel.

Porträt von Anna Haller, porträtiert durch ihre Halbschwester, die Künstlerin Mili Weber

Familie

Anna Haller wird als zweite Tochter des Mechanikers Rudolf Haller (1843–1876) und von Anna, geborene Gloor, (1848–1916) geboren. Vermutlich als Folge einer Rachitis im Kindesalter ist Anna Haller körperlich beeinträchtigt.

Nach dem Tod ihres Vaters heiratet die Mutter dessen Freund und Arbeitskollegen Adolf Weber (1856–1940). Durch diese zweite Ehe erhält Anna Haller vier Halbgeschwister: Adolf Weber (1878–1976, Lehrer und Direktor am Technikum Le Locle), Otto Weber (1880–1912, Bildhauer, Bildschnitzer und Fotograf), Emil Weber (1883–1949, Architekt) sowie Mili Weber (1891–1978, Künstlerin). Mili Weber erschuf sich in St. Moritz ihre eigene Kunstwelt. Diese wird heute von einer Stiftung bewahrt und betreut. 1883 zieht die Familie nach Biel.

Ausbildung

Anna Haller lässt sich nach der Sekundarschule in einem Bieler Atelier für Uhrenschalendekoration ausbilden. Sie lernt dort insbesondere das Damaszieren und Gold- und Silberdekorationen auf Stahl. Gleichzeitig besucht sie als Hospitantin Kurse an der kunstgewerblichen Abteilung (Kunstgewerbeschule, gegründet 1887) des Bieler Technikums (heute Berner Fachhochschule BFH, Departement Technik und Informatik). Von 1895 bis 1898 ist sie dort als ordentliche Schülerin eingeschrieben. Sie besucht den ersten Jahreskurs der Graveur- und Ziseleurschule. Anschliessend ist sie Schülerin der Fachklasse der allgemeinen Zeichen- und Modellierschule. Mit 26 Jahren diplomiert sie 1898 als erste Frau an dieser Schule. Im selben Jahr geht sie nach Hamburg. Dort bildet sie sich im Atelier von Georg Hulbe in der Lederschnitt- und Lederpunztechnik aus.

Kunsthandwerkerin und Lehrerin

Die ersten Jahre ihrer Berufstätigkeit sind geprägt von der damals beliebten Ledertechnik. Von 1899 bis 1907 ist sie als erste Frau Lehrerin für Ledertechnik an der Kunstgewerbeschule des Bieler Technikums. Parallel dazu arbeitet sie im Bieler Atelier Albert Renggli. Nebst Uhrenschalen stellt das Atelier unter anderem auch Lederbezüge für Stühle und andere Möbel her. Im Auftrag dieses Ateliers entwirft und stellt sie 1901, zusammen mit ihrem ehemaligen Lehrer Ferdinand Huttenlocher und ihrem Halbbruder Otto Weber, die Ständeratssitze im Nationalratssaal des Bundeshauses her. Ihre Tätigkeit im Atelier Albert Renggli dauert bis ca. 1905/1907.

Von 1902 bis ca. 1913 betreibt Anna Haller zudem zusammen mit der Bieler Kunsthandwerkerin Selma Rohn (1874–1962), welche später vor allem als Porzellanmalerin tätig war, ein Kunstgewerbeatelier in einem alten Fabrikgebäude in der Bieler Seevorstadt. Für ein befreundetes Brautpaar entwirft Anna Haller 1905/1906 deren ganzer Hausrat: vom Porzellanservice über Vorhänge, Tischdecken, Garderobe bis zum Ledereinband für das Kirchengesangsbuch.

Von der Kunsthandwerkerin zur Künstlerin

1905 geht Anna Haller nach München, um sich künstlerisch auszubilden. Wo genau sie sich ausbilden lässt, ist nicht bekannt. Ihre Zeit in München festigt ihre Entwicklung von der Kunstgewerblerin zur Künstlerin, von der angestellten Zeichnerin zur frei erwerbenden Malerin und vom Aquarell zur Ölmalerei. Danach widmet sich Anna Haller ganz der Malerei. Von 1905 bis 1910 nimmt sie an Ausstellungen im Kunstmuseum Bern teil. 1907 ist sie Gründungsmitglied der bernischen Sektion der Gesellschaft Schweizerischer Malerinnen, Bildhauerinnen und Kunstgewerblerinnen (seit 2003: Schweizerische Gesellschaft Bildender Künstlerinnen (SGBK).

Blumen sind stets das Hauptmotiv ihres künstlerischen Schaffens. Ihre frühen Bilder sind stark vom Jugendstil geprägt. Zwischen 1905 und 1910 wandelt sich das Schaffen der Künstlerin: einerseits durch den veränderten Zeitgeist, andererseits wegen ihres persönlichen Schicksals. Ihre körperliche Missbildung verursacht ihr zunehmend Atembeschwerden. Sie beschränkt sich schliesslich ganz auf die Blumenmalerei und die Produktion von Ansichtskarten. Im Auftrag von Freunden und Bekannten oder für den Verkauf durch den Bieler Kunsthändler Franz Kuhn malt sie vorzugsweise mittelformatige Ölbilder. Solche Bilder hängen noch heute in manchen Bieler und Seeländer Haushalten. Weit darüber hinaus bekannt sind ihre Ansichtskarten. Anna Haller stellt sie ab ca. 1910 für verschiedene Verlage her. Am bekanntesten sind diejenigen des Verlags «Vouga & Cie, Édition Artistique», Genf, mit Alpen- und Wiesenblumen in ihrer natürlichen Umgebung. Einige Karten entstehen in Zusammenarbeit mit ihrer Halbschwester Mili Weber. Deren eigener Stil ist teilweise zu erkennen.

Postkarten mit Blumen nach Vorlagen von Anna Haller. Solche wurden nach 1910 in grossen Auflagen gedruckt.

Letzte Lebensphase und Tod

1916 starb die Mutter von Anna Haller. Die Familie zog in der Folge von Biel nach Saas im Prättigau, wo Anna Hallers Halbbruder Emil Weber als Architekt tätig war. Nachdem sein Arbeitgeber das Architekturbüro neu in St. Moritz eröffnet hatte, übersiedelte ein Teil der Familie ins Engadin. 1918 zogen auch Anna Haller und Mili Weber von Saas in das Haus von Emil Weber, das er in Dimlej gebaut hatte.

Es ist nicht bekannt, wie lange Anna Haller noch für die Verlage arbeitete. Infolge ihrer Krankheit starb sie am 31. Januar 1924 in St. Moritz.

Haus von Emil Weber bei St. Moritz 1918 mit seinen Bewohnerinnen und Bewohnern. V. l. n. r.: Emil Weber, Frieda Haller, Adolf Weber, Mili Weber und Anna Haller.

Werke von Anna Haller, sowohl kunsthandwerkliche wie malerische, befinden sich im Neuen Museum Biel (NMB) und im Mili-Weber-Museum in St. Moritz. Der Nationalratssaal mit den von ihr gestalteten Ständeratssitzen im Bundeshaus kann an Führungen besichtigt werden.

Anna-Haller-Platz

Der Anna-Haller-Platz wurde am 7. März 2024 eingeweiht – am Vortag des Internationalen Frauentags. Dieser Platz ist an der Kreuzung Pavillonweg-Alpenstrasse im Beaumont-Quartier entstanden. Bereits vor Beginn der Bauarbeiten für die Umgestaltung hatte der Gemeinderat entschieden, dass der neue Platz nach der bedeutenden Bieler Kunsthandwerkerin und Malerin Anna Haller (1872–1924) benannt werden soll (Medienmitteilung vom 7.3.2024).

Quelle: Wikipedia