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Marie-Louise Bloesch-Moser

Marie-Louise Bloesch-Moser, gebürtige Schweizerin, wurde 1782 in Biel geboren (getauft am 15. Mai 17821) und starb am 31. Juli 18632 ebenfalls in Biel. Als Mutter von fünf Kindern und junge Witwe übernahm sie 1817 mit 32 Jahren die Leitung des ersten Pensionats für auswärtige Schüler des Bieler Gymnasiums. Diese Funktion übte sie zwei Jahrzehnte aus bis ins Jahr 1836. Sie ist eine von fünf Frauen, denen in Biel bisher (Stand 2020) eine Strasse oder ein Platz gewidmet wurde.

Geburt und Familie

Marie-Louise Moser wird 1782 als Tochter des Alexander Abraham Moser (1755–1824) und der Maria Margaretha Neuhaus (1757–1825) im Hause Obergasse 9 geboren. Getauft wird sie am 15. Mai 1782. Ihr Vater hat Medizin und Recht studiert, ist Notar und bekleidet wichtige Ämter in der Stadt. Unter anderem amtiert er als letzter Burgmeister des Ancien Régimes (1792–1789). Die Mutter von Marie-Louise war die Tochter des Stadtarztes Johann Rudolf Neuhaus3.

Heirat und Mutter von fünf Kindern

1802 heiratet Marie-Louise Moser den Arzt Alexander Bloesch (1782–1814). Aus dieser Ehe gehen vier Söhne und eine Tochter hervor: Alexander (1802–1816), Caesar Adolf (1804–1863), Arzt, Politiker und Schriftsteller, Eduard (1807–1866), Jurist und Politiker, Friedrich (Fritz) (1810–1887), Industrieunternehmer, Mitbesitzer des Drahtzuges Bözingen und der Bieler Baumwollspinnerei und -weberei und schliesslich Mathilde (1814–1869), die Friedrich (Fritz) Haag ehelicht und damit in eine bedeutende Bieler Familie einheiratet.

Witwe mit 32 Jahren

Im Dezember 1813 schleppen die alliierten Truppen auf dem Durchmarsch von Deutschland nach Frankreich in Biel den Typhus ein. Einheimische Ärzte betreuen die Militärlazarette, die im Spital (ehemaliges Johanniterkloster und heute Teil des Ostflügels des Dufourschulhauses) und im Rathaus eingerichtet wurden. Nachdem die Epidemie bereits fünf Ärzte dahingerafft hat, bleibt nur noch Dr. Alexander Bloesch übrig, der sich sowohl um die Soldaten als auch um die Zivilbevölkerung kümmern muss. Auch er wird von der Krankheit erfasst und stirbt innert weniger Tage am 21. Februar 1814, einen Monat vor der Geburt seines jüngsten Kindes4. Zwei Jahre später stirbt sein ältester Sohn Alexander im Alter von 13 Jahren.

Direktorin des Pensionats

Als 1817 das erste Bieler Gymnasium seine Tore öffnet, übernimmt Marie-Louise Bloesch-Moser die Leitung des dazugehörigen Pensionats. Die ersten auswärtigen Schüler beherbergt sie zunächst in ihrem Haus an der Obergasse 22. Am 21. März 1818 beschliesst der Stadtrat (Parlament) die Umsiedelung der Schule in das ehemalige Spital5. Das Pensionat befindet sich fortan im Obergeschoss des neuen Schulhauses. Marie-Louise Bloesch-Moser zieht mit ihrer Familie in die neuen Räumlichkeiten – die Söhne besuchen ebenfalls das Gymnasium – und betreut jeweils bis zu 30 Jugendliche. Vielen bleibt sie auch nach der Schulzeit noch jahrelang verbunden. Marie-Louise Bloesch-Moser führt das Pensionat fast zwei Jahrzehnte bis 18366.

Ruhestand und Tod

Im Ruhestand geht Marie-Louise Bloesch-Moser unter anderem in ihrer Rolle als Grossmutter und Urgrossmutter auf. Sie stirbt am 31. Juli 1863 in Biel.

Eine Pionierin

Im 19. Jahrhundert eine Witwe zu sein, bedeutete für die meisten bürgerlichen Frauen eine Wiederheirat oder die finanzielle Abhängigkeit zur Familie. Marie-Louise Bloesch-Moser hat einen anderen Weg gewählt und mit der Leitung des Pensionats ihr Schicksal selbst in die Hand genommen. In diesem Rahmen konnte sie ihre Familie selbstständig unterhalten und in ihrer Rolle als «Hausmutter» des Pensionats gleichzeitig einer Tätigkeit nachkommen, die ihrer bürgerlichen Ehrenhaftigkeit nicht abträglich war. In dieser Hinsicht kann Marie-Louise Bloesch-Moser als Pionierin der weiblichen Erwerbsarbeit betrachtet werden7. Ihre Klugheit und Warmherzigkeit hat sie weit über ihren Tod hinaus als grosse Persönlichkeit ausgezeichnet.

Marie-Louise Bloesch-Moser ist die erste Frau, nach der in Biel – zu Beginn der 1960er Jahre – eine Strasse benannt wurde8.

Das Foto zeigt das Strassenschild mit Namen Marie-Louise-Bloesch-Weg

Hinweise und Referenzen

Dieser Text wurde ebenfalls auf Wikipedia veröffentlicht. Er unterliegt daher im Gegensatz zu den übrigen Inhalten der Website der Stadt Biel keinen Publikationsbeschränkungen.

1 Taufregister der Stadt Biel
2 Sterberegister der Stadt Biel
3 E[mil] Blösch, Eduard Blösch und dreissig Jahre Bernischer Geschichte, Bern 1872; Werner Bourquin, Marcus Bourquin, Biel – Stadtgeschichtliches Lexikon, Biel 1999, S. 267.
4 Ebd.
5 Bieler Geschichte, 2. Bd., von 1815 bis, hrsg. von der Stadt Biel unter David Gaffino / Reto Lindegger, Verlag hier+jetzt, Baden 2013, S. 606. 
6 Ebd.; J[akob] Wyss, Das Bieler Schulwesen während der ersten hundert Jahre bernischer Zugehörigkeit 1815–1915, Biel 1926, S. 41.
7 Margrit Wick, Der andere Blick – Stadtrundgang Biel, herausgegeben vom Frauenplatz Biel (Hg.), Biel 2002.
8 Der «Marie-Louise-Bloesch-Weg» erscheint erstmals im Geschäftsbericht der Stadt Biel von 1961 [pdf, 48.9 MB].