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Die Römerquelle – ein Glücksfall

Die Römerquelle steht am Anfang der Bieler Stadtgeschichte – ohne sie würde es die Stadt Biel, wie wir sie heute kennen, nicht geben. Hier finden Sie alle Informationen zur Römerquelle und zur mit dieser Quelle eng verbundenen Stadtentwicklung.

Das Seeland wird bereits seit der Jungsteinzeit besiedelt – unterschiedlichste archäologische Funde zeugen von einem regen Siedlungstreiben am Bielersee. Die Pfahlbauer hatten sich mehrheitlich auf der östlichen Bielerseeseite niedergelassen. Hier boten die seichten Uferabschnitte guten Baugrund. In römischer Zeit haben sich Menschen dann nicht nur am See, sondern auch an der Schüss niedergelassen. Die Flüsse und Seen boten dank des reichen Fischbestands zwar eine gute Nahrungsversorgung, bargen aber auch die Gefahr von Überflutungen. Die Bieler Römerquelle war deshalb ein Glücksfall: Dank ihrer Lage am Hang lieferte sie das ganze Jahr hindurch frisches Trinkwasser und ermöglichte ein Leben über dem Seespiegel.

Der Zugang zur Quelle ist derzeit aufgrund steigender Wasserstände nicht möglich.

  • Wasser fliesst aus der Römerquelle. Das angebrachte Schild weist auf den Ursprung von Biel hin.
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  • Die Visualisierung zeigt die verschiedenen Bodenschichten - Kalksinter, Waldboden, Kies des Schüssdeltas und Grundmoräne - im Austrittsbereich der Römerquelle.
    2 von 7: Visualisierung der Bodenschichten im Austrittsbereich der Römerquelle: Der Kalksinter (Tuffhügel) bildet den Baugrund für die Bieler Altstadt. (Aus: Margrit Wick-Werder, Bilder einer Stadt. Einblicke in fünf Jahrhunderte Geschichte der Stadt Biel, Bern 2008, 8.)
  • Die Visualisierung zeigt mittels Linien die Topografie Biels um 1230, zudem den für den Bau der erste Stadtanlage Verlauf der dafür kanalisierten Schüss und Römerquelle.
    3 von 7: Visualisierung der Topografie Biels um 1230: Für die erste Stadtanlage und deren Befestigungsanlage wurden die Schüss und die Römerquelle kanalisiert. (aus: Margrit Wick-Werder, Bilder einer Stadt. Einblicke in fünf Jahrhunderte Geschichte der Stadt Biel, Bern 2008, 12.)
  • Die Visualisierung zeigt die drei Phasen mittelalterlichen Stadtentwicklung Biels von 1230 (erste Stadtanlage), 1290 (erste Stadterweiterung nach Norden) und 1340 (zweite Stadterweiterung mit durchfluss der Schüss durch die Stadt).
    4 von 7: Phasen der mittelalterlichen Stadtentwicklung: Rot um 1230, erste Stadtanlage; gelb um 1290, erste Stadterweiterung nach Norden; blau um 1340 zweite Stadterweiterung - die Schüss fliesst durch die Stadt. (aus: Margrit Wick-Werder, Bilder einer Stadt. Einblicke in fünf Jahrhunderte Geschichte der Stadt Biel, Bern 2008, 16.)
  • Der Plan der Stadt Biel aus den Jahren 1850/51 zeigt die bis 1860 von der Römerquelle ausgehenden Brunnenleitungen.
    5 von 7: Von der Römerquelle ausgehende Brunnenleitungen bis 1860 (Plan der Stadt Biel, Gemeinde- & Privat-Brunnenleitungen aus der Römerquelle, 1850/51)
  • Das Foto zeigt das Wasser der Römerquelle in einer Höhle
    6 von 7: Blick ins Innere der Römerquelle (Foto: unbekannt, Archiv Hochbau der Stadt Biel)
  • Das Foto zeigt das Wasser der Römerquelle in einem aus Steinen gemauerten Kanal
    7 von 7: Zweite Kammer der Römerquelle auf der Nordseite, Obergasse 6 (Foto: H. Matile)

Privilegierte Hanglage

Das Wasser der Römerquelle tritt heute nördlich der Bieler Altstadt aus dem Fels. Über Jahrhunderte grub sich versickertes Regenwasser aus dem Jura durch unterirdische Kanäle bis zu dieser Austrittstelle. 

Kalkablagerungen bilden Tuffhügel

Auf dem langen Weg an die Oberfläche löste das Regenwasser viel Kalk auf. Während das kalkhaltige Wasser von der Austrittsstelle in verschiedenen Bahnen und Rinnsalen den Hang hinunter in die Schüss floss, wurde es von der Sonne erwärmt und lagerte dabei den gelösten Kalk (auch Kalktuff genannt) unter der Austrittsstelle ab. Dieser Prozess führte dazu, dass sich über die Zeit ein rund zwölf Meter hoher Tuffhügel unterhalb der Römerquelle gebildet hat. 

Wann der vom Wasser der Römerquelle gebildete Hügel besiedelt wurde, ist nicht bekannt – doch spätestens als das Quellwasser am hochgewachsenen Hügel vorbeifloss, liessen sich die Vorteile der entstandenen Hügelkuppe mit sonnenreicher Südlage und frischem Trinkwasser erkennen. Auch bot die erhöhte Lage Schutz vor gelegentlichen Überschwemmungen der Schüss und des Bielersees. Im Hochmittelalter dürfte sich an der Stelle der heutigen Altstadt bereits ein Dorf mit einer Kirche befunden haben.

Herkunft des Quellnamens

Bereits in den Jahren 1778, 1810 und 1844 wurden in der näheren Umgebung der Römerquelle einige römische Münzen gefunden. Ein grösserer, für den Quellnamen entscheidender Fund ereignete sich jedoch im Sommer 1846.

Grosser Münzfund in ausgetrockneter Quelle

Als die Hitze im Sommer 1846 die Römerquelle weitgehend austrocknete, konnten in der Grotte grössere Reinigungs- und Bauarbeiten in Angriff genommen werden. Dabei sollte der Schacht von Schlamm und Wasserpflanzen befreit werden und die steile Felswand im hinteren Teil der Grotte ausgebessert werden. Dabei fanden die Bauarbeiter über dreihundert spätrömische Münzen aus der Zeit der von Julius Caesar bis Valentinian I. (1. Jh. v. – 4. Jh. n. Chr.). 

Die genaue Anzahl der Fundstücke ist nicht bekannt. In der zeitgenössischen Berichterstattung ist von einem Sensationsfund von über 400 römischen Kaisermünzen die Rede. Die Münzen befanden sich grösstenteils in der rissigen Felswand und auf dem Boden des ausgetrockneten Beckens. Die meisten Kupfermünzen wurden wegen ihres hohen Materialwerts in den Schmelztiegel eines ansässigen Messerschmiedes überführt. Die anderen Münzen wurden unter den Bauarbeitern verteilt oder verkauft. Nur etwa fünfzig Münzen konnten erhalten und von Sammlern erforscht werden. Ein kleiner Teil des Fundes wurde dem Neuen Museum Biel übergeben und kann dort heute noch betrachtet werden.

Münzfund als Ursprung des heutigen Quellnamens

Von der Forschung wurde lange angenommen, dass an dieser natürlichen Quelle vor dem Bau der Bieler Altstadt der gallische (keltische) Quellgott Belenus verehrt wurde. Der Münzfund schien zu beweisen, dass sich an dieser Quelle über fünf Jahrhunderte eine Kultstätte, dem Gott Belenus zugeordnet, befunden haben musste. Neuere Forschungen stellen diese Zuordnung jedoch in Frage, da im helvetischen Raum die Belenusverehrung nachweislich keine Rolle spielte. Hingegen haben die Namen Belenus und Biel/Bienne wohl gleiche sprachliche Wurzeln.

Nach dem sensationellen Münzfund im Sommer 1846 wurde die Quelle nur noch als „Römerquelle“ bezeichnet. Die älteren, urkundlich erwähnten Bezeichnungen wie Brunnquelle, Stadtbrunnen, Grosse Quelle und Brunnstube gingen verloren.

Durchdachtes Versorgungssystem

Im Spätmittelalter versorgte die Römerquelle alle öffentlichen Brunnen mit frischem Trinkwasser. Das Wasser der Quelle trieb mehrere Mühlen an und umgab die Burg und die Stadt in offenen Wassergräben.

Für den Wassertransport wurden sogenannte Teuchelleitungen verwendet. Diese bestanden aus drei bis vier Meter langen Baumstämmen, die in der Mitte ausgehöhlt waren und mit Metallringen abgedichtet wurden. Der Bieler Bevölkerung war es ab dem 16. Jahrhundert gestattet, im eigenen Hof, Garten oder Erdgeschoss private Brunnen zu errichten und sie an das Wassernetz der Römerquelle anzuschliessen.

Ausgangspunkt der Stadtgeschichte

Die Römerquelle steht am Anfang der Bieler Stadtgeschichte – ohne sie würde es die Stadt Biel, wie wir sie heute kennen, nicht geben. Die Schwarzbrünneli- oder Merlinquelle und die Châtelquelle wurden erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts an das städtische Wassernetz angeschlossen. Bis 1953 wurde Biel ausschliesslich mit Quellwasser versorgt. 

Ergiebige Juraquellen auch bei Hitzewellen

Der Wasserbezug aus natürlichen Quellen war immer auch mit gewissen Risiken verbunden. Bei sommerlichen Hitzewellen bestand die Gefahr, dass die Quellen austrockneten oder nur noch wenig Wasser lieferten. Biel war davon dank der ergiebigen Juraquellen selten betroffen. Während Trockenperioden wurden anstehende Reparaturarbeiten an den Leitungen oder Reinigungsarbeiten in den Quellenbecken vorgenommen. 1865 bot der niedere Wasserstand der Römerquelle die Gelegenheit, alle mittelalterlichen Teuchelleitungen durch gusseiserne Rohre zu ersetzen.

Modernisierung der Wasserversorgung durch Wasserwerke

Eine moderne und konstante Wasserversorgung der Stadt gewährleisteten erst das Grundwasserwerk in Gimmiz/Walperswil und ab 1975 auch das Seewasserwerk in Ipsach.

1991 wurde die Römerquelle schliesslich vom Trinkwassersystem der Stadt Biel abgehängt. Die Wasserqualität wird heute nicht mehr kontrolliert. Seit 2020 wird das Römerquellenwasser von der Genossenschaft der Brunnenbesitzer genutzt und verwaltet.

Literatur

  • Laurent Auberson u.a., Bieler Geschichte I, Biel 2013
  • Werner Bourquin und Marcus Bourquin, Biel. Stadtgeschichtliches Lexikon, Biel 1999
  • Ernst Renz, «100 Jahre Wasserversorgung der Stadt Biel», in: Bieler Jahrbuch 1979, Biel 1979, 74–90
  • Margrit Wick-Werder, «Bilder einer Stadt. Einblicke in fünf Jahrhunderte Geschichte der Stadt Biel», Bern 2008
  • Margrit Wick-Werder, «Die Römerquelle: Denkmal und Unort zugleich», in: Vision 2035 – Zeitung für die Wende, Nr. 30 2019/6  

Weiterführende Informationen zur Römerquelle in Biel

Zur Zeit der französischen Herrschaft ereignete sich nahe der Römerquelle ein Unfall, der so aussergewöhnlich endete, dass noch heute eine Gedenktafel am Haus Gerbergasse 17 und eine Wandzeichnung an der Obergasse 8 an das Ereignis erinnern.
Mehr Informationen dazu finden Sie auf der Website des Altstadtleistes Biel

Ursprünglich trennte ein Wassergraben die Burg von der Stadt. Als nach dem Stadtbrand von 1367 die Burg in die Stadt einbezogen wurde, verlor dieser Wassergraben seine Funktion und wurde zugeschüttet. Hinter dem Theater am Rosiusplatz zeugt noch heute ein kleiner Abschnitt vom ehemaligen Burggraben. 
Mehr dazu ebenfalls auf der Website des Altstadtleistes Biel

Die prähistorische Sammlung des 1872 gegründeten Museums Schwab erlangte internationale Bedeutung. Heute wird die archäologische Sammlung des ehemaligen «Pfahlbaumuseums» durch das Neue Museum Biel NMB betreut, wo auch wichtige Objekte ausgestellt sind.
Mehr Informationen dazu finden Sie auf der Website des NMB

Mehr zur Herkunft des Stadtnamens Biel finden Sie im Beitrag von Frau Margrit Wick-Werder auf der Website der Stadt Biel

Mehr Informationen zur Zusammensetzung und zur Geschichte des Bieler Trinkwassers finden Sie auf der Website des Energie Service Biel/Bienne ESB

Seit 2020 wird das Römerquellenwasser von der Genossenschaft der Brunnenbesitzer genutzt und verwaltet. Mehr Informationen dazu finden Sie auf der Website der Genossenschaft Römerquelle