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Pilotprojekt FokusArbeit - Selbsthilfe: ein starker Weg aus der Sozialhilfe!

Die ausserordentliche Situation von Biel erfordert ein ausserordentliches Engagement. Deshalb beantragt der Gemeinderat dem Stadtrat unter dem Titel «FokusArbeit» einen Kredit von CHF 2.8 Mio. für die Finanzierung eines Pilotprojekts von 3 Jahren. In diesem Projekt sollen Sozialhilfebeziehende zu Akteuren in eigener Sache werden, indem sie in Gruppen zusammen mit anderen Teilnehmenden Perspektiven entwickeln, die ihnen erlauben, ihr Schicksal wieder selbst in die Hand zu nehmen. So werden wichtige Grundkompetenzen gefördert, was sich positiv auswirkt auf die Chance, sich von der Sozialhilfe abzulösen.

Die Direktion Soziales und Sicherheit (DSS) hat in den letzten Jahren die Abteilung Soziales durch eine umfassende Reorganisation auf neue Beine gestellt. Mit dem Umzug in den Esplanade-Komplex diesen Sommer sowie der geplanten Digitalisierung der Sozialhilfedossiers werden weitere Schritte folgen. Damit sind die Grundbedingungen gegeben, um noch mehr in die methodische Arbeit mit den Sozialhilfebeziehenden zu investieren. Zusammen mit internen und externen Fachleuten sowie unter Einbezug der Erfahrungen von ähnlichen Projekten im Ausland hat die DSS in den letzten Jahren parallel zur Reorganisation das Pilotprojekt FokusArbeit entwickelt. Dieses setzt einen Schwerpunkt in der «Perspektivenbildung» und ergänzt damit die Sozialhilfe-Prozesse der Abteilung für zwei grundlegend unterschiedliche Zielgruppen:

Einerseits ist geplant, möglichst alle neuen Sozialhilfebeziehenden von Anfang an in das Projekt aufzunehmen. So sollen künftige Integrationsprozesse beschleunigt und Abhängigkeiten von Beginn weg vermindert werden. Andererseits sollen auch langjährige Sozialhilfebeziehenden in demselben Rahmen an ihren Perspektiven arbeiten und so Support und neuen Schub und Motivation für die nötige Eigeninitiative erhalten.

Bei FokusArbeit handelt es nicht um ein individuelles Beratungsangebot, sondern es werden wöchentlich an 2-3 Halbtagen «Ateliers» besucht, und dies während 4 bis 6 Wochen. Damit bleibt genügend Zeit für ein eigenes Engagement in der übrigen Zeit – also für eine andere Art von «Hausaufgaben», um Integrationsschritte und Abklärungen selber an die Hand zu nehmen. Vorgesehen ist, dass rund 2800 Personen das Projekt während der Pilotphase besuchen werden. 

Die Erfahrung aus ähnlichen Projekten im Ausland hat gezeigt, dass die enge Führung, die Selbstreflexion in den Gruppen und der Support durch anwesende Fachkräfte es den Teilnehmenden ermöglicht, bisher nicht mögliche Schritte in ihre eigene Zukunft auszuprobieren. Die laufend erfolgenden Rückmeldungen der Gruppe und der Begleitpersonen sind der Motor für weitere Aktionen. Die Gruppe wirkt als Katalysator und Motivator und ermöglicht das Spiegeln der eigenen Handlungen in einer Art und Weise, wie dies in der individuellen Beratung so kaum erreicht wird. Erste sehr positiv verlaufende Versuche in die diese Richtung wurden in Biel in den letzten drei Jahren bereits im Projekt BIM (Berufliche Integration für Mütter) gemacht.

FokusArbeit ist für den Sozialbereich ein grosses Projekt. Dabei sollen verschiedenste Mischungen von Gruppen und Methoden getestet werden. Ein wissenschaftliches Monitoring wird das Projekt begleiten und wertvolle Informationen zur Wirkung und Nachhaltigkeit liefern. Schon von Beginn weg wird aber eine ganze Reihe von positiven Wirkungen auf den Sozialhilfebetrieb und auf die Teilnehmenden erwartet – dies rechtfertigt den hauptsächlich via Spezialfinanzierungen getragenen Pilotversuch auch aus Sicht des Gemeinderates. Mit diesem in der Schweiz einmaligen Projekt geht Biel in der Sozialhilfe neue Wege und entwickelt neue Perspektiven.