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Beschluss des Gemeinderates an seiner Sitzung vom 2. September 2020

Der Bieler Gemeinderat empfiehlt die «Begrenzungsinitiative» zur Ablehnung

Der Gemeinderat der Stadt Biel hat eine Aussprache über die am 27. September 2020 zur Abstimmung kommende eidgenössische Volksinitiative «für eine massvolle Zuwanderung (Begrenzungsinitiative)» geführt. 

Diese verlangt vom Bundesrat, das Personenfreizügigkeitsabkommen mit der EU zu kündigen, falls es der Schweiz nicht gelingt, das Abkommen innert Jahresfrist auf dem Verhandlungsweg ausser Kraft zu setzen. Da das Personenfreizügigkeitsabkommen mit den anderen sechs Verträgen der Bilateralen I (technische Handelshemmnisse, öffentliches Beschaffungswesen, Landwirtschaft, Landverkehr, Luftverkehr und Forschung) verknüpft ist, würde eine Annahme der Initiative das ganze Vertragspaket automatisch ausser Kraft setzen. Aus diesem Grund wird die Initiative auch unter dem Titel «Kündigungsinitiative» diskutiert.

Der Gemeinderat äussert sich nur dann zu einer eidgenössischen Vorlage, wenn sie die dritte Staatsebene und namentlich den Standort Biel ernsthaft und nachhaltig tangieren könnte. Nach Überzeugung des Gemeinderates ist diese Voraussetzung vorliegend gegeben. Die Vorlage ist namentlich aus wirtschaftlichen Überlegungen abzulehnen: 51,6 Prozent der exportierten Waren und Dienstleistungen aus der Schweiz gingen 2018 in einen EU-Staat; 34 Prozent der kantonal-bernischen Exporte, das heisst rund 4,2 Mia. Franken, stammen aus der Region Biel. Die in der Stadt Biel ansässige Industrie und die exportierenden KMU sind umso mehr darauf angewiesen, ihre Produkte hürdenfrei in ganz Europa verkaufen zu können. Die fragliche Vorlage ignoriert aber die stark gewachsene Bedeutung grenzüberschreitender Wertschöpfungsketten. Schweizer KMU spielen in diesen Netzwerken häufig eine wichtige Rolle als Zulieferer. Die KMU sind deshalb auf die Fortsetzung der Bilateralen I zwingend angewiesen. Eine Annahme der Initiative würde jahrelange Unsicherheit schaffen, denn die gesetzten Fristen verunmöglichen eine brauchbare Anschlusslösung nach einem Wegfall der Bilateralen. Ein unsicheres Umfeld hemmt zudem Innovationen und setzt Arbeitsplätze aufs Spiel und ist somit keine gute Voraussetzung für den Wirtschaftsstandort Biel: gerade für exportorientierte Unternehmungen, die zahlreich in Biel beheimatet sind und sich im internationalen Wettbewerb behaupten müssen, ist ein sicherer und berechenbarer Zugang zu den europäischen Märkten unverzichtbar. Es wäre daher nach Überzeugung des Gemeinderates verheerend, die für Investitionen unabdingbare Rechtssicherheit fahrlässig aufs Spiel zu setzen und damit industrielle Arbeitsplätze auch in Biel nachhaltig zu gefährden. Zudem erinnert der Gemeinderat daran, dass Biel als Bildungs- und Forschungs-standort mit dem Swiss Innovation Park auf dem Gebiet der anwendungsorientierten (Industrie)Forschung gut positioniert ist und weiteres Entwicklungspotenzial hat. Da die Schweiz dank des Forschungsabkommens am europäischen Forschungsrahmenprogramm teilnimmt, bietet sich auch einem hier ansässigen KMU die Chance, sich an einem bahnbrechenden Innovationsprojekt zu beteiligen und dafür EU-Fördergelder zu beantragen. Eine Annahme der Initiative hätte jedoch zur Folge, dass das Forschungsabkommen und mit ihm die übrigen Abkommen per Ende 2021 ihre Gültigkeit verlieren würden. 

Der Gemeinderat der Stadt Biel hat in den letzten Jahren kontinuierlich und mit Erfolg daran gearbeitet, dass die Stadt sich qualitativ stetig weiterentwickelt. Die Annahme der Volksinitiative könnte diese Dynamik ernsthaft dämpfen und gefährden. Die Schweiz ist durch die Coronakrise hart getroffen worden. Umso wichtiger sind in solch unsicheren Zeiten Rechtssicherheit und eine wirtschaftliche Perspektive. Daher empfiehlt der Gemeinderat in Übereinstimmung mit dem Bundesrat, dem Eidgenössischen Parlament und unter anderem mit der Konferenz der Kantonsregierungen und dem Handels- und Industrieverein des Kantons Bern, die Vorlage am 27. September 2020 abzulehnen.

Stellungnahme zur Teilrevision des Postorganisationsgesetzes

Der Gemeinderat hat im Rahmen der laufenden Vernehmlassung zur Teilrevision des Postorganisationsgesetzes seine Stellungnahme zu Handen des Schweiz. Städteverbandes (SSV) verabschiedet. Mit der beabsichtigten Teilrevision soll PostFinance, welche eine 100%-Tochtergesellschaft der Schweizerischen Post ist, der Zugang zum Kredit- und Hypothekarmarkt gewährt werden. Aus Sicht des Gemeinderates ist dieses Vorhaben namentlich mit Blick auf die angestrebte erhöhte Ertragskraft von PostFinance, welche in den letzten Jahren stark zurückgegangen ist, sinnvoll. Die Vorlage trägt auf diese Weise zur Sicherung der Grundversorgung durch die Post und PostFinance in allen Landesteilen bei. Auch kann von einer Belebung des Wettbewerbs auf dem Kredit- und Hypothekarmarkt ausgegangen werden, was im Interesse privater Kunden und von KMU ist. Die mögliche Teilprivatisierung von PostFinance ist nicht Gegenstand dieser Vorlage und wurde somit vom Gemeinderat nicht diskutiert. 
Der Gemeinderat regt in seiner Stellungnahme an, im Verhältnis zur Klimastrategie des Bundes den Klimaförderauftrag zu Handen von PostFinance auf Gesetzesstufe verbindlicher zu formulieren. Konkret bedeutet dies, dass ein vom Bundesrat zu bestimmender Anteil der Kredite und Hypotheken zwingend (und nicht bloss in Form einer Kann-Formulierung) für Projekte zu vergeben ist, welche im Einklang mit der Klimastrategie des Bundes stehen und somit zur Verminderung von Treibhausgasemissionen beitragen.  

Schule Plänke: Nachkredit für den Neubau der Turnhalle und die Erweiterung der Schulanlage 

Beim Bau der Turnhalle und der Erweiterung der Schulanlage Plänke wurde im Untergrund unerwartet alter Bauschutt gefunden. Das führt dazu, dass das Regenwasser nicht über einen porösen Versicherungsasphalt, sondern über eine Versickerungsanlage in Form einer Versickerungsgrube abgeführt werden muss. Um die Kosten für diese nicht vorgesehene bauliche Massnahme zu decken, hat der Gemeinderat einen Nachtragskredit von CHF 285'000.00 zum Verpflichtungskredit bewilligt, dem das Volk am 4. März 2018 zugestimmt hat. Das Bauvorhaben soll Ende 2020 abgeschlossen werden.