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Ausgeglichenes Budget dank «Substance 2030» und Erhöhung der Steueranlage

Das Budget 2023 der Stadt Biel, welches vom Stadtrat am 19./20. Oktober 2022 behandelt wird, beinhaltet erstmals Massnahmen zur Stabilisierung des städtischen Finanzhaushaltes aus dem Projekt «Substance 2030». Neben der Erhöhung der Steueranlage von 1.63 auf 1.78 beinhaltet es auch die Reduktion diverser Aufwandpositionen. Dank der verschiedenen, im Rahmen des Haushaltsstabilisierungsprogramms «Substance 2030» definierten Massnahmen wird der Allgemeine Haushalt um einen Betrag von rund CHF 16.2 Mio. (und in der Höhe von CHF 1.6 Mio. infolge Reduktion Investitionen) entlastet und schliesst ausgeglichen ab.

Die Stadt Biel weist seit vielen Jahren ein strukturelles Defizit auf. Dieses strukturelle Defizit konnte trotz grosser Anstrengungen – beispielsweise im Rahmen des Projekts «Nachhaltige Haushaltsanierung (NHS) / Massnahmenpaket 2016+ – nicht resp. nur temporär beseitigt werden. Die Finanzlage der Stadt hat sich mit der Corona-Krise und bereits zuvor wegen der Rückgänge bei den Unternehmenssteuererträgen sowie allgemein steigenden Aufwendungen wieder verschlechtert. Nur dank Sondereffekten konnte in der Rechnung 2021 ein Defizit von knapp 
CHF 19 Mio. verhindert werden. 

Die Gründe dafür sind vielschichtig, liegen aber insbesondere beim hohen nachzuholenden Investitionsbedarf, den Nachwirkungen der Covid-Pandemie, der Veränderung von (internationalen) Besteuerungsregeln im Unternehmensbereich sowie dem generell steigenden Ausgabenniveau. Für die Jahre 2023 bis 2026 muss mit grossen Defiziten und Liquiditätsengpässen gerechnet werden, falls nicht rechtzeitig Massnahmen ergriffen werden. 

Die Stadt Biel muss ihre Investitionen für die Zukunft wieder selber finanzieren können, sonst steigt die Verschuldung zulasten der kommenden Generationen noch stärker an. Im Moment kann die Stadt Biel nicht einmal ihre laufenden Ausgaben mit den Einnahmen decken. Diesen Trend umzukehren und das Wachstum der Schulden zu stoppen mit Investitionsausgaben auf einem gesunden Niveau, ist das Ziel von «Substance 2030».

Massnahmen «Substance 2030»

Im Budget 2023 sollen erstmals Massnahmen aus dem Stabilisierungsprogramm «Substance 2030» umgesetzt werden. Das Gesamtpaket «Substance 2030» baut auf vier Elementen auf und bringt für das Budget 2023 Entlastungen in der Höhe von CHF 16.2 resp. 17.8 Mio. mit:

  1. Erhöhung Steueranlage: die Erhöhung der Steueranlage um 1.5 Steuerzehntel auf 1.78 führt zu Mehreinnahmen im Umfang von CHF 10.3 Mio.
  2. Entlastungsmassnahmen beim Leistungsangebot: die Überprüfung des Leistungsangebotes entlastet im Umfang von CHF 2.6 Mio. an Minderaufwände und CHF 2.0 Mio. an Mehrerträgen.
  3. Anpassungen Anstellungsbedingungen: Die Anpassungen der Anstellungsbedingungen entlasten um insgesamt CHF 1.3 Mio.
  4. Priorisiertes Investitionsprogramm: das jährliche Investitionsvolumen von CHF 40 Mio. für die Jahre 2023 bis 2026 wird auf durchschnittlich CHF 30 Mio. (brutto) reduziert. Damit wird eine durchschnittliche Einsparung von CHF 1.6 Mio. erzielt, welche sich jährlich kumuliert. Für das Budget 2023 ergab die strikte Priorisierung ein Investitionsvolumen von CHF 32.43 Mio. im allgemeinen Haushalt (exkl. Sonderrechnungen und Spezialfinanzierungen). Der Mittelwert von CHF 30 Mio. ist über die kommenden vier Jahre einzuhalten.

Die Steuererträge bilden mit einem Anteil von rund 38 % am betrieblichen Ertrag eine der wichtigsten Ertragsquellen der Stadt Biel. Die Steuererträge der natürlichen Personen haben sich in den letzten Jahren auf über CHF 100 Mio. p.a. stabilisiert und es darf ein kontinuierlicher leichter Anstieg der Einnahmen verzeichnet werden. Rund 80 % der Bieler Bevölkerung weist ein steuerbares Einkommen von unter CHF 60’000 aus; für sie beträgt die Erhöhung maximal CHF 30.-- pro Monat.

Die Steuererträge der juristischen Personen haben in den letzten zehn Jahren einen starken Rückgang erlitten. Der Anteil der juristischen Personen am Gesamtsteuerertrag der Stadt Biel sank in den letzten 10 Jahren von ca. 25 Prozent auf noch etwa 15 Prozent.

Während das Eigenkapital abnimmt, wächst die Verschuldung stetig an, wobei die vorliegend relevante Grösse der Bilanzüberschuss bildet, welcher sich aktuell auf CHF 4.8 Mio. beläuft. Dies ist gerade im Hinblick auf die steigenden Zinsen kritisch, da diese den Druck auf die Erfolgsrechnung weiter erhöhen.

Der Geldfluss aus betrieblicher Tätigkeit hat bereits in der Vergangenheit nicht immer genügt, um die Investitionen finanzieren zu können, teilweise konnten mit den selbst erwirtschafteten Mitteln nicht einmal mehr die laufenden Betriebskosten gedeckt werden. Berechnungen haben gezeigt, dass innert der nächsten acht bis zehn Jahren ein positiver Geldfluss aus betrieblicher Tätigkeit jährlich wiederkehrend von rund CHF 25 Mio. erwirtschaftet werden muss, um den prognostizierten, kritischen Entwicklungen entgegenwirken zu können.

Standortqualität der Stadt Biel muss erhaltet werden

Total werden im Budget 2023 CHF 28.69 Mio. aus dem Finanzausgleich (pauschale Abgeltung der Zentrumslasten, Disparitätenabbau und soziodemografischer Zuschuss) erwartet. Dies entspricht einer Erhöhung gegenüber dem Budget 2022 von CHF 1.58 Mio. Die Faktoren des Finanz- und Lastenausgleichs sowie die Abgeltung der Sozialhilfe durch den Kanton Bern sind eng mit der Bevölkerungsentwicklung und der soziodemografischen Zusammensetzung der Stadt Biel verbunden. Sie können durch die Stadt Biel kaum beeinflusst und nicht gesteuert werden. Sie wirken sich jedoch massgeblich auf das Ergebnis der Stadt Biel und auf das Budget 2023 aus. Es muss festgestellt werden, dass die Abgeltungen an den Kanton Bern nach wie vor eine steigende Tendenz aufweisen, was Anlass zur Besorgnis gibt. Der Spielraum für die Finanzierung der gesetzlichen und freiwilligen Gemeindeaufgaben sowie der notwendigen Investitionen wird bei gleichbleibender oder schlechterer Ertragslage immer kleiner.

Die Steuererhöhung für natürliche und juristische Personen trägt einen wesentlichen Anteil am «Substance 2030»-Paket. Die Steuererhöhung muss im Kontext mit dem geplanten Investitionsvolumen und dem Leistungsabbau im Service Public betrachtet werden. Im Jahr 2013 hat die Stadt entschieden, den Investitionsstau der letzten Jahrzehnte aufzuholen und seither wesentliche und wichtige Investitionen in die städtische Infrastruktur sowohl für die Bevölkerung (Schulen, Kindertagesstätten, öffentliche Anlagen) als auch die angesiedelten Unternehmen (Erschliessungen, Baulandbereitstellungen, usw.) getätigt. Die Investitionen sollen für die nächsten Jahre auf durchschnittlich CHF 30 Mio. gesenkt werden. Dies erlaubt weiterhin eine Investitionstätigkeit, welche die Attraktivität der Stadt Biel als Wohnort für die Bevölkerung und Standort für Unternehmen erhält und punktuell weiter verbessert. Gleichzeitig wird die Stadt jedoch gezwungen sein, die geplanten Investitionen noch stärker zu priorisieren und deren Umsetzung teilweise zeitlich zu verschieben.

Das vorliegende Budget ist mit seinen Massnahmen auf Aufwand- und Ertragsseite ein erster wichtiger Schritt, die Standortqualität der Stadt Biel als Wohn- und Wirtschaftsstandort zu erhalten und gleichzeitig eine nachhaltige Entlastung des städtischen Haushaltes zu ermöglichen. Nur durch diesen konsequenten und umfassenden Ansatz kann die Stadt Biel auch in Zukunft ihre finanzielle Handlungsfähigkeit bewahren und muss nicht auf ihre Innovationskraft verzichten. Eine Sanierung ohne Steuererhöhung müsste durch weitere und vor allem tiefgreifendere Sparmassnahmen kompensiert werden, was die Standortqualität der Stadt empfindlich treffen würde. Auch mit der im Budget vorgesehenen Steuererhöhung bleibt die Stadt Biel ein wettbewerbsfähiger und attraktiver Wohn- und Wirtschaftsstandort.