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Pilotprojekt Sommerinsel: Auswertungen und Fazit

Mit den Sommerinseln hat die Stadt Biel öffentliche Räume temporär umgestaltet und aufgewertet. Damit sollten Möglichkeiten für eine zukünftige Nutzung ausgelotet und die Bedürfnisse der Bevölkerung an den öffentlichen Raum eruiert werden. Am Unteren Quai wurde eine gesonderte Umfrage durchgeführt. Die Sommerinseln sind seit Mitte Oktober abgebaut und die Auswertung des Pilotprojekts Sommerinsel sowie der Umfrage mit Fokus auf den Unteren Quai liegen nun vor.

Ausgangslage, Kontext und Ziele

Der Wandel im Konsum- und Einkaufsverhalten bringt einen grundlegenden Strukturwandel im Detailhandel und damit der Innenstädte mit sich. Den Stadtbehörden ist es wichtig, dass neben weiterhin vorhandener, aber teilweise anders genutzter, Konsum- und Einkaufsmöglichkeiten, das Verweilen und der soziale Austausch eine wichtigere Rolle einnehmen. Die Bieler Innenstadt ist überschaubar und verfügt über zahlreiche Orte, die Raum für Begegnung und Aufenthalt bieten. Sie verfügt also bereits über gute Voraussetzungen, um dem Anspruch an vielfältiger Nutzung zu begegnen. Nun gilt es die verschiedenen Nutzungsbedürfnisse zu eruieren und gleichzeitig bestehende Räume aufzuwerten.

Umsetzung und Auswertung des Pilotprojekts Sommerinsel

Die Sommerinseln standen nicht in allen Fällen einfach auf bereits verkehrsfreien Flächen, sondern sollten auch zum Nachdenken über eine neue Raumaufteilung anregen. Daraus ergaben sich unterschiedliche Kriterien für die Standorte und die Installationen selbst enthielten unterschiedliche Elemente, die von Standort zu Standort variierten.

Guten Anklang gefunden haben die Standorte Unterer Quai, Nidaugasse und General-Dufour-Strasse. Die temporären Installationen haben an diesen Standorten die Erwartungen der Nutzenden erfüllt. Es sind Standorte mit grosser Frequentierung. Die Nutzung der Sommerinseln hat gezeigt, dass ein Bedürfnis nach Aufenthaltsmöglichkeiten besteht und nach Möglichkeit auch genutzt wird. Insbesondere die räumliche Grosszügigkeit der Installation am Unteren Quai, die Möglichkeit für sich selbst zu sein oder sich in Gruppen aufzuhalten hat gut funktioniert. Aus der gesonderten Untersuchung am Unteren Quai geht hervor, dass 80% der Befragten mit der Sommerinsel am Unteren Quai insgesamt zufrieden waren. Ein kleiner Anteil der Befragten (10%) zeigte sich unzufrieden und benannte dabei den zusätzlichen Lärm, die Behinderung des Autoverkehrs oder die Reduktion des Parkplatzangebotes. Bei der positiven Beurteilung fällt auf, dass die Funktion des Unteren Quais als Treffpunkt, für den Aufenthalt und für eine lockere und entspannte Atmosphäre genannt werden.

Die Installation am Brunnenplatz hatte ursprünglich das Ziel, einige Parkplätz auf einer Innenstadtachse umzunutzen und so mehr Aufenthaltsraum für die Menschen zu Schaffen. Sie erwies sich in der Umsetzung als noch unausgereift, worauf die Installation kurzerhand auch wieder abgebaut wurde. Eine ähnliche Situation an der Aarbergstrasse: Vom ursprünglichen 

Standort vor dem Pipeline wurde abgesehen, da die Busse nicht mehr hätten passieren können. Die Installation wurde auf die andere Strassenseite verlegt, wo sie ein eher unauffälliges Dasein fristete. Diese Sommerinsel wurde nicht sehr häufig genutzt. Daraus lässt sich ableiten, dass die Umnutzung von bisherigen Verkehrs- oder Parkflächen anspruchsvoll ist und inskünftig mit einer stärkeren Einbindung der Direktbetroffenen geplant werden muss.

Die Standorte Esplanade und Oberer Quai verzeichneten eine durchschnittliche Nutzung. Die Gründe sind vielfaltig: Durch die Ausgestaltung der Installation fehlte der Schatten, sodass die Aufenthaltsqualität besonderen an heissen Sommertagen nicht gegeben war. Zudem boten die Installationen Spielelemente, aber auch diverse «unkonventionelle» Sitzgelegenheiten, die sich eher an jüngere und mobile Nutzende richtete und daher andere Alters- und Bevölkerungsgruppen nicht angesprochen haben. Bei einer zukünftigen Konzeptualisierung der Ausstattung ist es sehr wichtig zu beachten, dass die Installationen ohne Einschränkungen von allen Bevölkerungsschichten benutzt werden können.

Fokus Unterer Quai

Aufgrund des dringenden Sanierungs- und Aufwertungsbedarf wurde am Unteren Quai eine temporäre Sommerinsel installiert, damit für diesen Standort gezielt und vertieft Rückmeldungen eingeholt werden konnten. Für die Umfrage und Auswertung am Unteren Quai wurde ein externes Büro mandatiert.

Ziel der Untersuchung war es, die aktuellen Bedürfnisse und Anliegen zum Unteren Quai abzuholen. Folgende Mitwirkungsinstrumente wurden angewandt: Eine Befragung mit offenen und geschlossenen Fragen, ein Briefkasten für Meinungen und Ideen (beides vor Ort und online), die teilnehmende Beobachtung und eine öffentliche Veranstaltung. Erfragt wurden die alltagspraktische und heutige Bedeutung des Unteren Quais, die Wahrnehmung und die Nutzung der Sommerinsel und die Ansprüche an eine zukünftige Gestaltung. Insgesamt nahmen 203 Personen an den Befragungen teil, davon haben 133 Personen den Fragebogen vor Ort ausgefüllt und 70 Personen via Online-Fragebogen.

Der heutige Untere Quai wird von den Bielerinnen und Bielern als wichtiger Bewegungs- und Transitraum wahrgenommen. Er wird von den befragten Personen oft mehrmals täglich oder in der Woche als Arbeits- oder Einkaufsweg benutzt. Als bedeutendste Durchgangsnutzung wird jedoch das Flanieren genannt. Am Unteren Quai gefällt die ruhige Atmosphäre und der Bezug zum Wasser und die Begrünung. Entsprechend werden der Verkehr, die Parkplätze und teilweise die Ausgestaltung als störend empfunden und bemängelt. Die Sommerinsel wurde von 80% der Befragten als positiv bewertet. Bei der Begründung für die positive Beurteilung fällt auf, dass besonders oft die Funktion als Treffpunkt und Aufenthaltsort genannt werden. Diese Begründung ist im Gegensatz zur Beurteilung des heutigen Quais als Durchgangsraum ein neuer Aspekt und zeigt, dass eine temporäre Installation durchaus die Wahrnehmung verändern kann. Der Umgestaltungsbedarf des Unteren Quais wird seitens der Befragten mit ca. 85% bestätigt. Die Resultate zeigen, dass der Untere Quai für die gesamte Bevölkerung ein wichtiger Raum ist und entsprechend von vielen eine Neugestaltung eingefordert wird. Der grösste Handlungsbedarf wird im Bereich von Anpassungen beim Verkehrssystem gesehen: Weniger oder kein motorisierter rollender Verkehr, mehr Raum für Velos und Fussgängerinnen und Fussgänger, weniger oder keine Parkplätze. Die teilnehmende Beobachtung bestätigt die Ergebnisse aus der Umfrage und hat dementsprechend gezeigt, dass der Untere Quai vor allem Durchgangsraum für mehrheitlich Velofahrende und Zufussgehende ist. Auch die Diskussionsergebnisse der öffentlichen Diskussions- und Feedbackrunde stützen die Umfrageresultate und zeigen zusammen mit dem grossen Rücklauf an Fragebögen, dass das Interesse sich zum Unteren Quai, zu den Sommerinseln, zur Innenstadt der Zukunft und zu Themen der Mobilität zu äussern und mit den städtischen Behörden in einen Dialog zu treten vorhanden ist. Eine Neugestaltung wird von den meisten als notwendig erachtet, hier sind sich Quartierbewohnende und die übrigen Befragten einig. Daraus lässt sich schliessen, dass der Untere Quai für einen grossen Teil der Bieler Bevölkerung eine bedeutende, naturnahe Achse und ein wichtiger identitätsstiftender Raum darstellt.

Fazit und wie geht es weiter?

Die Sommerinseln waren ein erfolgreiches Pilotprojekt, das für die Stadt Biel hinsichtlich Nutzung öffentlicher Räume, Erwartungen der Bevölkerung an diesen und im Umgang mit temporären Installationen und Massnahmen sehr aufschlussreich war.

Die Vision der Stadt ist es, vernetzte Räume zu gewährleisten und zwischen den verschiedenen Ansprüchen und Erwartungen ihrer Nutzerinnen und Nutzer zu vermitteln. Sichere Begegnungsorte von hoher Qualität laden im ganzen Stadtgebiet zum Erholen, Verweilen und zu kulturellen und sozialen Aktivitäten ein. Die Innenstadt soll aufgewertet und die verschiedenen Quartierzentren attraktiv gestaltet und miteinander verbunden werden. Dabei wird eine nachhaltige, innovative und platzsparende Mobilität gefördert.

Die vielen positiven Rückmeldungen zeigen ein echtes Bedürfnis nach Aufwertung von öffentlichen Räumen zu verschiedenen Nutzungszwecken und animieren zu weiteren Projekten mit temporären Installationen und mittelfristig mit Neugestaltungen im öffentlichen Raum. Die Stadt Biel ist dankbar für die zahlreichen konstruktiven und ermutigenden Rückmeldungen und nimmt diese Anregungen gerne auf. Die breite Thematik der öffentlichen Räume und ihre Auswirkungen auf die Aufenthaltsqualität werden die Stadt ohne Zweifel weiterhin beschäftigen. Wichtig scheint der Stadt in diesem Zusammenhang die gewonnene Einsicht, dass das Interesse in der Bevölkerung an der Ausgestaltung der öffentlichen Räume gross ist. Öffentliche Räume in der Stadt Biel werden auch nächstes Jahr wieder temporär belebt werden, ob mit den Sommerinseln und/oder in einer anderen Form ist noch offen.

Grafiken und Bilder der Präsentation auf Anfrage: presse@biel-bienne.ch

Der detaillierte Schlussbericht zur Untersuchung am Unteren Quai ist auf dieser Webseite «Sommerinseln» zur Attraktivierung der Bieler Innenstadt einsehbar.

Präsentation Sommerinsel 2019 - Auswertung und Fazit [pdf, 6.3 MB]